Antonov AN-2

Ein fliegendes Wohnmobil

Von Barbara Knoll

Bad Wörishofen -"Eigentlich ist die Tante Anna für mich ein familienfreundliches Wohnmobil, das zudem noch fliegt", unterstreicht Pilot Andreas Wild seine Liebe zum größten Doppeldecker der Welt, der Antonov AN-2.

Sein vier Monate alter Sohn sei auch bei zwei Flugtagen bereits dabei gewesen. Seit fünf Jahren fliegt Wild vom Flughafen Bad Wörishofen aus Nostalgie-Rundflüge nach "Neuschwanstein" oder ins "Fünfseenland" und in dieser Flugsaison kann die Maschine zudem ihren 50. Geburtstag feiern.

Gebaut 1958 in Russland, fliegt die Antonov in den 60er Jahren für die ostdeutsche Lufthansa und wird deshalb zum "Luxus"-Passagierflieger umgebaut. Großzügige Panoramascheiben ermöglichen nun einen grandiosen Ausblick auf die langsam vorbeiziehende Landschaft, die edle Lederbestuhlung bietet viel Platz für neun Passagiere, einer davon sitzt sogar auf dem Co-Pilotensitz.

Für klassische Oldtimer habe er sich immer schon interessiert, so Wild, und als er zu einem Geburtstag ein Modell der "Tante Anna" geschenkt bekam, war klar, "diese Maschine musst du einmal fliegen". Seit 1999 arbeitet Wild als Fluglehrer, machte sein Extra-Typ-Zertifikat für den Doppeldecker obendrauf und legte 2003 auch seinen Berufspilotenschein ab. Sein Pilotenherz schlägt noch heute höher, wenn er die Antonov beschreibt: "1000 PS, neun Zylinder Stern-Motor, 30 Liter Hubraum". Der Doppeldecker (der Typ wurde 45 Jahre gebaut) erwies sich als äußerst zuverlässig und wurde viele Jahre später auch als Schulungs- und Forschungsflugzeug eingesetzt, zuletzt sogar für Safari-Flüge im südlichen Afrika.

In Afrika lernte Andreas Wild auch seine "große Liebe" kennen. Anfang 2004 bekam er den Auftrag die AN-2 über 10 500 Kilometer von Namibia nach Bayern zu fliegen. Mit vielen Widrigkeiten habe er zu kämpfen gehabt, alleine die Sprit- beschaffung sei abenteuerlich gewesen. Auch die täglichen Unwetter nicht ungefährlich. Elf Tage später landete die brave Maschine sicher. Wo? Natürlich auf dem idyllischen Grasflugplatz in Bad Wörishofen, wo sie seitdem ein neues Zuhause gefunden hat. Nicht zufällig habe er sich für diesen Landeplatz entschieden, der Bahle-Flugplatz sei einfach ideal mit einem Spornradflieger (Maschine ohne Rad am Bug) "aufzuschlagen". "Entweder du hasst die Maschine oder du liebt sie", bilanziert Wild das "gewöhnungsbedürftige" Starten und Landen.

Noch etwas skeptisch lauscht Helmut Müller aus München dem Gespräch auf dem Bahleflugplatz. Er ist an diesem Tag ein Fluggast. Zum Geburtstag habe er das Flugabenteuer geschenkt bekommen und er freue sich schon sehr darauf. "Ein bisschen kribbelt es schon im Bauch, doch das gehört doch dazu", lacht er und beobachtet sehr genau, wie Wild die Maschine startklar macht.

Gelegenheit für Rundflüge in der Tante "Anna" gibt es von April bis Ende Oktober, im Winter jedoch freut sich der Flieger auf seinen wohlverdienten "Wellness-Urlaub" in der Flugwerft bei Dresden.